Wir erinnern an die Errichtung des Wenzelnberg-Mahnmals vor 60 Jahren
Unter den dort Ermordeten befand sich der Leverkusener Theodor Schmidt und andere Menschen aus dem rheinisch-bergischen Raum, die als Mitglieder von sozialistischen Arbeiterorganisationen, dem Terror der Nazis ausgesetzt und dann in der Wenzelnberg-Schlucht hingerichtet wurden.
Nach der Befreiung von Krieg und Faschismus wurde der Wunsch laut, am Ort des Verbrechens eine Gedenkstätte zu errichten. Die Opfer waren im Mai 1945 am Rathaus in Solingen-Ohligs beigesetzt worden und wurden dann später an die Mordstätte umgebettet.
Alle politischen Kräfte, Kirchen und Gewerkschaften waren sich damals einig: Nie wieder sollte so etwas geschehen, alles sollte getan werden um den Ungeist, der solches Verbrechen ermöglichte, zu bekämpfen.
Seit 1946 fanden an der Mordstätte im April immer Gedenkveranstaltungen statt, ab 1948 nun an dem Mahnmal, die gekennzeichnet waren, „das Vermächtnis der Toten zu erfüllen“. Alle Redner, die dort in den folgenden Jahren das Wort ergriffen (darunter die Bundestagsabgeordneten Heinrich Schroth (Solingen), Hermann Runge und Helene Wessel, die NRW-Minister Josef Neuberger und Diether Posser) machten immer wieder beim Gedenken an die Opfer auch auf aktuelle Entwicklungen aufmerksam (wie das Anwachsen des Antisemitismus und neofaschistischer Tendenzen). Besonders auch der spätere Präsident der VVN, Joseph C. Rossaint, der selber als Häftling des Zuchthauses Remscheid-Lüttringhausen auf der Exekutionsliste der Gestapo stand und durch beherztes Eingreifen des Zuchthausdirektors Engelhardt davor bewahrt werden konnte, setzte sich kritisch mit der Entwicklung in Deutschland auseinander. Rossaint, der auch die Gedenkrede bei der ersten Gedenkfeier im April 1945 am Wenzelnberg hielt, musste dann 1965 bei seiner Rede erleben, das große Teile der offiziellen Vertreter, sich nicht bereit fanden, seinen Forderungen zu folgen. Es kam zu einer Kampagne gegen ihn.
Dank der Initiative des DGB Rhein-Wupper und besonders seines Vorsitzenden Artur Jakobs wurden die Gedenkfeiern – die nun in den „offiziellen“ der beteiligten Städte und der nachmittäglichen der VVN – dann doch nicht ihrem Charakter – es war die Zeit des „kalten Krieges“ – beraubt. Die VVN war immer wieder bestrebt wieder zu gemeinsamen Kundgebungen (so wie sie ja in den Anfangsjahren stattgefunden hatten) mit klaren Aussagen gegen den immer stärker sichtbaren Neofaschismus, zurückzukommen. Auch andere Organisationen, wie z.B. die Naturfreunde aus Remscheid, setzen sich in diesem Sinne ein und fanden Unterstützung bei manchen offiziellen Stellen.
Der langjährige Bürgermeister von Langenfeld, Hans Litterscheid, hat sich dabei ebenfalls verdient gemacht. Vor einigen Jahren kam es dann wieder zu gemeinsamen Gedenkkundgebungen der beteiligten Städte und der VVN-Bund der Antifaschisten. Nun gibt es Hinweise darauf, dass sich die Städte erneut ausklinken wollen. Von Befürwortern dieser Absicht ist zu hören, das die diesjährige Rede des VVN-Vertreters Dirk Krüger aus Wuppertal, diese Überlegung bedingt hätte. Dirk Krüger hatte in seinem Beitrag, scharfe Kritik an der Haltung von Oberbürgermeisters Franz Haug aus Solingen geübt. Dieser hatte am 13. Januar 2007 in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister an einem Empfang zum 90. Geburtstag des Solinger Bauunternehmers Günther Kissel teilgenommen. Der Empfang fand im dem Hotel satt, von dessen Parkplatz sich jedes Jahr der Gedenkmarsch von Antifaschisten zum Mahnmal am Wenzelnberg formiert.
Kissel ist dafür bekannt, seit Jahrzehnten öffentlich rechtsradikale und revisionistische Ideen zu vertreten. Er hat nach eigener Aussage aus den Gewinnen seines Unternehmens mehrfach erhebliche Summen an die NPD gespendet. 1997 entschied das Landgericht Wuppertal, dass Kissel als „Auschwitzleugner“ und „Volksverhetzer“ bezeichnet werden darf. Den Einladungen zu seinem Geburtstagsempfang hatte Kissel ein 39-seitiges Redemanuskript beigelegt, in dem er unter anderem die Kriegsschuld Nazideutschlands abstritt sowie behauptete, dass nicht sechs Millionen, sondern vielleicht „nur“ 500.000 Juden in KZs ermordet worden seien. Zur Begründung erklärte er: „Dann hat jeder die Möglichkeit, vorab persönlich zu entscheiden, ob er meine Einladung trotz dieser nicht gehaltenen Rede annimmt“. Trotz massiver Proteste Solinger Bürger, wobei besonders auch der Solinger DGB-Vorsitzende Hans Peters zu erwähnen ist, nahm Haug – ebenso wie einige andere politische Repräsentanten der Stadt – die Einladung an.
Laut einer Pressemitteilung „in Anerkennung der unbestrittenen unternehmerischen Verdienste in unserer Stadt“ sowie „der hervorragenden Arbeit von Geschäftsleitung und Mitarbeiterschaft (...), obwohl er die offen geäußerte politische Gesinnung des Firmengründers strikt ablehne“. Auch gegenüber der Presse erklärte Haug, „zwischen dem Bauunternehmer und den politischen Ansichten“ zu unterscheiden. Besonders wurde kritisiert, dass sich dem Haug die Veranstaltung auch nach einer Laudatio des rechtsextremistischen Verlegers Gert Sudholt nicht verließ, in der dieser Kissels Förderung der Erforschung „nicht konformer Geschichtsansichten“ hervorhob und ihn auf eine Stufe mit dem britischen Holocaust-Leugner David Irving stellte. Angesichts des Hintergrundes wird man es einem Vertreter der Organisation, die sich dem Erbe des antifaschistischen Widerstandes verpflichtet fühlt, kaum verdenken können, dazu zu schweigen.
Und auch die Tatsache, das bei der diesjährigen Gedenkveranstaltung ein offizieller Vertreter der Stadt Leverkusen in einer fragwürdigen Art und Weise bei dieser Veranstaltung auftrat und die zum Protest herausfordert, belegt, wie notwendig das Erinnern an die vor 60 Jahren gemachten und festgehaltenen Äußerungen sind.
Die Kulturvereinigung Leverkusen e.V. tritt für gemeinsam Ehrungen aller ein, die sich dem Erbe der Opfer verpflichtet fühlen und Lehren für Heute zu ziehen bereit sind. Sie dank allen, die in den Jahrzehnten (unabhängig wo sie politisch organisiert waren oder sind) konsequent dafür gewirkt haben, das Vermächtnis der Opfer des Faschismus zu erfüllen und die jegliche Geschichtsrevision und die einer Heuchelei gleichkommenden Sonntagsreden bekämpften und bekämpfen! Faschismus war und ist keine Meinung – sondern ein Verbrechen!
Manfred Demmer