Gedenkfeier am 19. Mai 2018
Mit einem stillen Gedenken auf dem Friedhof Leverkusen-Manfort begann am 19. Mai 2018 die Gedenkfeier zum Tag der Befreiung. «Im Gedenken an die in Leverkusen verstorbenen meist osteuropäischen Zwangsarbeiter, die Opfer der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden. Allein hier wurden mehr als 200 Erwachsene und 70 Kinder beigesetzt.» steht auf dem Gedenkstein.
Etwa 40 Menschen hatten sich im Volkshaus der Kulturvereinigung Leverkusen eingefunden. Veranstalter waren Kulturvereinigung Leverkusen, NEIN-Initiative Leverkusen und DKP Leverkusen.
- Redebeitrag: Jürgen Lloyd, DKP
- Gastbeitrag: Walborg Schröder, Deutsch-Russische Gesellschaft Rhein/Ruhr
- Weitere Redebeiträge: NEIN-Initiative Leverkusen
- Musikalische Begleitung: Ozan Şafak
- anschließend: Grillabend
Wir dokumentieren den Redebeitrag von Jürgen Lloyd, DKP
Liebe Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
der 8. Mai 1945 markiert das Ende der faschistischen Herrschaft in Deutschland: die Niederlage des Faschismus, der für die aggressivsten und reaktionärsten Teile des Großkapitals Deutschland und Europa mit Terror und Krieg überzogen hat. Der 8. Mai 1945 markiert den Tag der Befreiung von dieser Form der Herrschaft des imperialistischen Großkapitals. Befreit wurden die Länder, die von der deutschen Wehrmacht überfallen und besetzt waren. Befreit wurden die Menschen, die nach Deutschland verschleppt hier Zwangsarbeit leisten mussten. Befreit wurden die Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen – als Widerstandskämpfer, wegen ihrer jüdischen Herkunft, wegen Verweigerung des Kriegsdienstes, oder auch nur, weil sie von den Faschisten als minderwertig deklariert wurden – in den Konzentrationslagern und Gefängnissen der Nazis eingekerkert waren. Befreit wurden – ob sie es so erkannten oder nicht – alle Menschen, deren Interessen und deren Schicksal nicht mit den Interessen und dem Schicksal der Faschisten und ihrer Hintermänner übereinstimmte.
Der 8. Mai 1945 markiert auch das Ende des zweiten Weltkriegs in Europa. Das Ende des Krieges, der vom deutschen Imperialismus vom Zaun gebrochen wurde, um die Ergebnisse des ersten Weltkriegs zu revidieren. Dieser erste Versuch, die anderen Länder Europas mit militärischer Macht zu unterwerfen war für die deutsche Bourgeoisie verloren gegangen.
Karl Liebknecht, der mitten im Krieg, am 1. Mai 1916 auf einer verbotenen Antikriegsdemonstration gefordert hatte: «Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!» und dafür über zwei Jahre in den Knast gesteckt wurde, kämpfte mit der revolutionären Arbeiterbewegung nicht nur für ein Ende des Kriegs. Mit der Novemberrevolution, die sich in diesem Jahr 2018 zum einhundertsten Mal jährt, sollte auch der Quelle der imperialistischen Kriege, der Herrschaft des großen Kapitals ein Ende bereitet werden.
Doch mit Hilfe der reformistischen Sozialdemokratie gelang es dem Imperialismus, zu überleben. Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, und mit ihnen viele Genossinnen und Genossen wurden ermordet. Und der Imperialismus, der seinem verdienten Ende entgangen war, erhob erneut sein Haupt und führte Deutschland ein-einhalb Jahrzehnte später in den Faschismus und weitere fünf Jahre später in den nächsten Weltkrieg.
Diejenigen, die bereits 1914 und davor gegen den Krieg aufgetreten waren, die sich 1914 der verräterischen Zustimmung zu den Kriegskrediten verweigerten, die – wie Liebknecht – gegen den Krieg kämpften, diejenigen, die dann in der Weimarer Republik gegen die opportunistische Duldungspolitik der Sozialdemokraten warnten «Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Und wer Hitler wählt, wählt den Krieg!», sie kämpften auch nun am entschlossensten gegen Faschismus und Krieg.
Doch die Kraft der Kommunistinnen und Kommunisten, der Antifaschisten und Demokraten in Deutschland war nicht ausreichend, um die Befreiung vom Faschismus zu erreichen. Es bedurfte der Anstrengungen der Armeen der Anti-Hitler-Koalition, des Kampfs der Partisanen und Widerständler in den besetzten Ländern und mehr als alles andere des bewussten, opferreichen und unbeugsamen Kampfs der Roten Armee der Sowjetunion, um Deutschland und Europa von der faschistischen deutschen Naziherrschaft zu befreien. Ihnen Allen sind wir zu anhaltendem Dank verpflichtet.
Liebe Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
anders als auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, gelang es in der Bundesrepublik nach 1945 dem deutschen Imperialismus erneut, seine militärische Niederlage zu überleben und in den folgenden Jahren wieder zu erstarken. Und mit der Stärke kommt der noch stets weiter wachsende Machthunger. Spätestens nach der Konterrevolution in der DDR und den anderen sozialistischen Ländern in Europa und nach der Vereinnahmung der DDR in den bundesdeutschen Herrschaftsbereich, führte der Drang des deutschen Großkapitals, erneut seinen Einfluss in andere Länder auszudehnen, auch wieder zur aktiven Kriegsbeteiligung und zur Bereitschaft zu weiteren Kriegen.
Und wieder ist es so weit, dass der deutsche Imperialismus, im Schatten der USA und vereint im aggressiven Kriegsbündnis der NATO, gegen Russland mobilisiert. Deutsche Armeeeinheiten stehen an der Grenze zu Russland. NATO Militärtransporte gehen durch Deutschland nach Polen und in das Baltikum. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz, einem jährlichen Treffen der Strategen, Akteure und Kriegstreiber des Imperialismus, forderte der deutsche Außenminister im Januar diesen Jahres eine gemeinsame «Machtprojektion» der EU «in die Welt», die auf «das Militärische» nicht verzichten dürfe. Im Rahmen der NATO und inzwischen auch mit dem Militarisierungsprogramm PESCO der EU wird eine Aufrüstung der Bundeswehr betrieben, für die zig Milliarden Euro ausgegeben werden sollen. Das aggressive Zündeln der NATO-Staaten in Syrien kann bedrohlich schnell zu einem neuen großer Krieg eskalieren.
Liebe Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
es wird auf uns ankommen, auf die Stärke der Friedenskräfte in der Welt und auf die Klugheit und die Kraft der Völker der sich dem Imperialismus entziehenden Länder, ob es gelingt, neuen Faschismus zu verhindern und ob es gelingt, diesen nächsten Krieg zu verhindern.
Bertolt Brecht hat in seinem Stück über das Leben des Gallilei geschrieben: «Der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein.» Wir wissen: Es sind nicht die Ideen selber, die sich in der Geschichte durchsetzen. Die Vernunft in der Geschichte, das humanistische Ideal der europäischen Aufklärung, ist nicht selber geschichtsmächtig. Es kommt auf die Menschen, auf die Kräfte an, die eine vernünftige Gesellschaft, eine Welt des Friedens und der Freiheit wollen. Wir müssen siegen, siegen über die immer noch bestehende unvernünftige Herrschaft des imperialistischen Kapitals, um der Vernunft einen Platz in dieser Welt zu verschaffen. Die Befreier, die uns vor 73 Jahren vom Faschismus befreiten, haben mit ihrem Kampf ein Beispiel gegeben, wie dieser Sieg zu erringen ist.
Wir danken unseren Befreiern!
und ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit
Fotos: Klaus Müller