Mahnwache mit roten Fahnen und Transparent: »Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!«.

Gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus, für Toleranz und soziale Gerechtigkeit!

Bergisch-Gladbach, 7. November 2015. Ein VVN-Transparent, Fahnen der Linkspartei, der DKP und von der IG BAU. Etwa 40 Menschen finden sich vor der Kirche St. Josef zusammen, einen Katzensprung entfernt von der Stelle, wo auf einer Gedenktafel zu lesen war: »Hier auf dem ehemaligen Gelände des Stellawerkes wurden 1933 durch die SA Kommunisten gefangen gehalten und misshandelt. Jüdische Bürger wurden 1941 hier zwangsinterniert und anschließend in Konzentrationslager deportiert.«

Im Juni 1933 hatten 29 Mitglieder der KPD bestialische Folter-Exzesse zu erleiden. Die Genossen wurden später in andere Gefängnisse verlegt und schließlich wegen »Hochverrats« zu insgesamt 21 Jahren und 10 Monaten Haft verurteilt. Später diente das Gelände des Ziegelwerks als Sammelstelle für die hiesigen Juden vor ihrem Abtransport in die Vernichtungslager.

Jetzt ist dort eine Baustelle und die Tafel entfernt. Landtagsabgeordnete Helene Hammelrath hat sie in ihre Obhut genommen und lässt sie überarbeiten. Im nächsten Jahr soll die Mahnwache wieder an dieser Stelle stattfinden.

In Bergisch Gladbach treffen sich heute wie jedes Jahr Bürgerinnen und Bürger anlässlich des Jahrestags der Progrome vom 9. November 1938 unter dem Motto »Gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus, für Toleranz und soziale Gerechtigkeit«. Die Kommunistin Walborg Schröder moderiert im Namen der örtlichen VVN-BdA die kleine Versammlung. Das tut sie seit 25 Jahren und heute zum letzten Mal mit Rücksicht auf ihr hohes Alter. Sie sagt: »Ich möchte heute besonders der Menschen gedenken, die im Stellawerk gepeinigt und gefoltert und von hier aus in die Gaskammern transportiert und dort getötet wurden. Viele Namen sind uns bekannt und unvergessen. Stolpersteine in Bergisch Gladbach und die Gedenktafel erinnern an sie. Auch in einigen örtlichen Büchern wird ihr mutiger Kampf, ihr persönlicher Einsatz gegen Faschismus beschrieben. Ihrer und all der Opfer des Naziregimes gedenken wir.« Sie erinnert aber auch an die Initiatoren der Gedenktafel Wolfgang Kondruß und Magda Gatter. »Wir danken ihnen von ganzem Herzen dafür! Sie wurden von Altbürgermeister Holger Pfleger, der die Gedenktafel im Mai 1990 einweihte, und von einigen Freunden und Organisationen tatkräftig unterstützt.« Dann zählt sie einige Namen auf, die hier in den folgenden Jahre gesprochen und die Mahnwache geprägt haben und vergisst die Schülerinnen und Schüler nicht, die darunter waren.

Sie begrüßt die Redner der heutigen Mahnwache: Lutz Urbach (CDU), der Bürgermeister der Stadt, Szymon Bartoszewicz vom Integrationsrat, Olaf Seiler, VVN, und Reimund Smollen vom DGB Rhein-Berg. Alle sprechen von den besorgniserregenden Ereignissen der letzten Wochen. Die große Bereitschaft der Menschen, den Flüchtlingen zu helfen, stehen brennende Flüchtlingsheime und zahlreiche Angriffe gegen Asylsuchende gegenüber. Myke Eyring trägt ein Gedicht vor. Es ist von Max Hermann-Neiße: »Heimatlos«. Die Mahnwache endet mit dem gemeinsamen Gesang des Moorsoldatenliedes. Andrea Will hat den Text vorher verteilt und sorgt zusammen mit Reimund Smollen intonierungssicher dafür, dass niemand aus dem Takt kommt.

Text und Foto: Klaus Stein