Ein Nachschrei
Lieber Alfred
das Hemd werde ich mir nicht zerreisen und keine Asche auf dem Haupt verstreuen, Trauer zeigen, mich vor deinen Steinen still verneigen? Ja, doch zu weinen werde ich mich scheuen. Aber ich verspreche Dir, ich werd mir weiterhin den Kopf zerbrechen und schreiben, so wie du gehauen hast.
Ich wollte Dich besuchen und Deine Steine mit Wut und Zorn und Energie beschreiben.
Dein letztes Interview in dieser ZEIT hat mir noch Mal gezeigt, wie eng verwandt sind meine Kladden mit Deinen Rohlingen und mein Monitor mit Deinem Meißel.
Rohlinge, arbeiten, bearbeiten bis zum physischen und nicht politischen Umfallen. Mit Steinen hatte ich es nur sehr selten, auch nicht zum Werfen, weil die so und so und so die Richtigen nicht und nur die Falschen treffen. Ich wollte Stichwörter liefern und habe es getan. Den Leuten ihre abgebenen und -genommenen Stimmen zurückgeben, ihnen meine leihen, bis sie die eigene wieder erheben können.
Jetzt bist Du gegangen - aber Du hast uns nicht verlassen.
Nur hätte ich so gern von Dir dazugelernt, wie man nicht nur die Worte meißelt. Wie man in Stein und Eisen Ausbeutung, Unterdrückung, Unrecht geißelt. …
Hartmut Barth-Engelbart
Foto: Wikipedia