In Gemeineigentum überführt werden …
65. Jahrestag der Volksentscheide in Sachsen und Hessen über die Überführung von Unternehmen und Banken in Gemeineigentum (1946)
- Volksentscheid in Sachsen am 30.6.1946 mit 77,6 % für die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher
- Volksentscheid in Hessen am am 1.12.1946 mit 71,9 % für Artikel 41 (Überführung der Grundstoffindustrie und Banken in Gemeineigentum.
In Sachsen, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hessen gab es im Jahr 1946 Volksentscheide über die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher.
Der Volksentscheid in Sachsen
Der Volksentscheid in Sachsen am 30. Juni 1946 war die erste Abstimmung in der Sowjetischen Besatzungszone. Er hatte die entschädigungslose Enteignung von Großgrundbesitzern, Kriegsverbrechern und aktiven Nationalsozialisten zum Inhalt. Die Bevölkerung des Landes Sachsen stimmte in dem Volksentscheid für das Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes. [mehr]
Der Volksentscheid in Hessen
Die Bürger Hessens entschieden am 1. Dezember 1946 über die hessische Verfassung, die fortschrittlichste Verfassung in der damaligen US-amerikanischen Besatzungszone. Für die Verfassung stimmten 76,8 Prozent der wahlberechtigten Hessen. Die Besatzungsmacht hatte eine separate Abstimmung über den Artikel 41 der Verfassung angeordnet – offenbar in der Hoffnung, dass dieser keine Mehrheit erhalten würde. Es gab jedoch 72 Prozent Ja-Stimmen für diesen Artikel, der den folgenden Wortlaut hat und hohe Aktualität besitzt:
»Art. 41 [Sozialisierte Unternehmen]
(1) Mit Inkrafttreten dieser Verfassung werden
1. in Gemeineigentum überführt: der Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), die Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung, die Betriebe der Energiewirtschaft und das an Schienen oder Oberleitungen gebundene Verkehrswesen;
2. vom Staat beaufsichtigt oder verwaltet: die Großbanken und Versicherungsunternehmen und diejenigen in Ziffer 1 genannten Betriebe, deren Sitz nicht in Hessen liegt:
(2) Das Nähere bestimmt ein Gesetz.
(3) Wer Eigentümer eines danach in Gemeineigentum überführten Betriebes oder mit seiner Leitung betraut ist, hat ihn als Treuhänder des Landes bis zum Erlass von Ausführungsgesetzen weiterzuführen.«
Die Umsetzung dieses Verfassungsartikels wurde – anders als in der sowjetischen Besatzungszone – mit allen Mitteln behindert oder es wurden Abfindungen in Millionenhöhe gezahlt. Um dies zu erreichen wurden u.a. Abschluss- und Ausführungsgesetze erlassen. Verantwortlich dafür waren, wie Ulrich Schneider schrieb, »die Regierungsparteien SPD und CDU, sowie die Besatzungsmacht. Die linken Kräfte in Hessen waren nicht stark genug, den Verfassungsanspruch gegen diesen Widerspruch durchzusetzen«. Damit wurde eine antikapitalistische Entwicklung, die im Verfassungsartikel angelegt war, verhindert.
(U.Schneider: Der Volksentscheid vom 1. Dezember 1946 über Artikel 41 der Hessischen Verfassung. In: Schriftenreihe der Marx-Engels-Stiftung 28, Bonn 1997)
Quellen: Wikipedia
unsere zeit – Zeitung der DKP
vom 1. Dezember 2006
Bild: © Deutsches Historisches Museum, Berlin
© Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland