Ausstellung in Wuppertal
In die Kindheit von Peter Paul Rubens wetterten die politischen und religiösen Konflikte der Gegenreformation heftig hinein. Sein Vater Jan Rubens (1530 – 1587) war Jurist. Er stammte aus einer angesehenen und vermögenden Antwerpener Familie, ebenso wie seine Frau Maria Pypelincks. Das nützte ihm wenig, als Jan Rubens in der Folge des Bildersturms vom August 1566 in Gefahr geriet, ebenso wie Egmond und Hoorn 1568 hingerichtet zu werden. Er fand zunächst in Köln Asyl und konnte hier als Anwalt tätig sein.
Eine Mandantin war Anna von Sachsen (1544–1577). Ihr Gemahl, Prinzen Wilhelm von Oranien, betrieb die Scheidung. Unter Folter mußte Jan eine Affäre mit Anna gestehen und kam in Dillenburg in Haft. Seine Frau Maria konnte die Freilassung bewirken. Sie lebten in Siegen, als Peter Paul Rubens 1577 geboren wurde, später wieder in Köln, wo der Vater im Jahr 1587 starb. Als zehnjähriger Katholik kam Peter Paul Rubens nach Antwerpen zurück, besuchte dort eine Lateinschule und kam bei Malern in die Lehre.
Die katholische Kirche hatte im Zuge der Gegenreformation nach dem Konzil von Trient (1545 bis 1563) auch Regelungen für den Bildgebrauch erlassen. Für die protestantischen Calvinisten war dagegen protziger Kirchenschmuck sündig und wurde in den wilden Tagen des Bildersturms vernichtet. Hinter dem konfessionellen Konflikt verbergen sich soziale Gegensätze. Der Reichtum der Kirche war dem Volk angesichts der eigenen Armut verhasst, der klerikale Prunk erschien obszön. Die spanischen Agenten der Inquisition beantworteten den Bildersturm mit massenhaften Folterungen und Hinrichtungen. Die Aufständischen nannten sich Geusen, d.h. Bettler.
Dieser Krieg begann als Gegenreformation gegen das Ketzertum, entwickelte sich zum Aufstand der Armen gegen die Reichen und schließlich zum Befreiungskrieg der Niederländer gegen die Herrschaft Spaniens, der damaligen Weltmacht Nr. 1. Die protestantischen Nordprovinzen bildeten 1579 die Union von Utrecht und sagten sich von der spanischen Krone los. Der Krieg dauerte achtzig Jahre. Auch England war daran beteiligt. Spaniens Niederlage, nach dem Verlust der Armada im Jahre 1588 schon besiegelt, zog sich lange hin. Endlich brachte der Frieden von Münster und Osnabrück im Jahre 1648 den Nordprovinzen die staatliche Souveränität und Religionsfreiheit. Vor allem überließ er dem niederländischen Bürgertum die Herrschaft über das kleine Land sowie über ein Kolonialreich, das sich um den gesamten Erdball spannte.
Wir haben es am Ende mit einer siegreichen bürgerlichen Revolution zu tun.
Indes blieben die südlichen Niederlande der »Liga von Arras«, deren Territorium etwa dem des heutigen Belgien entspricht, spanisch, katholisch und feudal. Rubens war ihr Diplomat, bemüht, die revolutionären Prozesse aufzuhalten.
Den Machern der Wuppertaler Ausstellung gilt er als Freund des Friedens.
Das Von der Heydt-Museum textet: Rubens »avancierte in den frühen zwanziger Jahren auch zu einem der angesehensten Diplomaten des 17. Jahrhunderts. Als Ratgeber und Unterhändler entfaltete er im Einklang mit den Interessen seiner Vaterstadt Antwerpen und der Landesherren in Brüssel an den Höfen in Madrid, Paris, Den Haag und London seine Vision eines geeinten Europas.«
Tatsächlich malte er etliche Friedensallegorien, beispielsweise das Bild »Krieg und Frieden« (Minerva schützt Pax vor Mars) im Jahre 1629. Ein Jahr vorher hatte er Instruktionen vom spanischen König Philipp IV. erhalten. Am Pfingstmontag 1629 wurde er heimlich nach Dover gebracht, denn die Niederländer sollten von dieser Mission nichts erfahren. Und es kam am 15. November 1630 zum Friedensvertrag zwischen Spanien und England. Aber auch dieser Vertrag hat den völkerrechtlich bindenden »Abfall der Niederlande« und die politische Souveränität des niederländischen Bürgertums nicht aufzuhalten vermocht.
Im obersten Stockwerk des Museums in Wuppertal ordnen die Kuratoren dieser Ausstellung, Dr. Gerhard Finck und Dr. Nicole Hartje-Greven, die Räume nach Verbindungen von künstlerischen und politischen Themen. Im »Haus des Diplomaten« sollen Rubens’ literarische, antiquarische und politische Interessen anschaulich werden. Ein weiterer Raum ist seinem Aufenthalt in Italien von 1600 bis 1609 gewidmet. Dann kommen Werke, die er als Hofmaler von Erzherzog Albrecht und der Erzherzogin Isabella hergestellt oder in seiner Werkstatt hat herstellen lassen. Es folgt »Rubens und die Kirche« und der Themenkomplex »Zwei Gemäldezyklen für den französischen Hof«. Im siebten Raum »Friedensdiplomatie« kann man an Stelle von Originalen auf große Folien übertragene Darstellungen sehen, die Rubens während seines Aufenthaltes in London gemalt hat. Im letzten Raum ist unter anderem eine »Allegorie auf den Krieg mit dem Kastell von Antwerpen« ausgestellt, ein Spätwerk von 1634/36 und mindestens doppeldeutig. Denn dieses Kastell, von den Spaniern errichtet, galt den Antwerpenern eher nicht als Friedenssymbol.
Die Ausstellung »Peter Paul Rubens« wird bis zum 28. Februar 2013 im Wuppertaler Von der Heydt-Museum gezeigt. Der Katalog kostet 25 Euro.
Klaus Stein